Manchmal treibt es einen um. Vielleicht mit gutem Grund, vielleicht auch einfach nur so. Gedankenspiralen und nicht getroffene Entscheidungen können dann blockieren. Hier ein wunderbare Geschichte eines Königs, der mit sich und hadert. Und wie schlau seine Berater mit dem „Problem“ umgehen.
Der Ring des Glücks
–Joan Chittister
Die Sufis erzählen eine Geschichte, die in dieser oder jener Gestalt im Gedankengut einer jeden spirituellen Tradition der Welt zu finden ist:
„Es war einmal ein mächtiger König, der über viele Länder herrschte.
Er war selbst so weise, dass er seine Hofgelehrten für gewöhnlich nicht zu Rate ziehen musste.
Doch eines Tages wurde er von einer solch großen Unruhe erfasst, dass er die Gelehrten zu sich rief, um sie um Hilfe zu bitten.
Er sprach zu ihnen: Ich weiß nicht warum, aber ich spüre das unbedingte Begehren nach einem Ring, der mir dabei hilft, die Kontrolle über meinen Staat zu behalten. Ich muss diesen Ring unbedingt haben. Er muss so beschaffen sein, dass er mich glücklich stimmt, wenn ich traurig bin – und traurig, wenn ich glücklich bin.
Die Weisen zogen sich zur Beratung zurück. Sie versanken in tiefes Nachdenken.
Schließlich hatten sie die Lösung gefunden und wussten, wie der Ring beschaffen sein musste, um ihren König zu helfen.
Der Ring, den sie dem König überreichten, trug die Inschrift:
AUCH DAS WIRD VERGEHEN
Diese Geschichte lässt jeden von uns innehalten.
Was ich jetzt habe, werde ich irgendwann nicht mehr haben. Was mich heute quält, wird irgendwann aufhören und mich auch in Zukunft nicht mehr quälen. Wenn ich also die guten und schlechten, die erheiternden und Furcht einflößenden, die berauschenden und tragischen Dinge meiner Welt in offenen Händen halte, gibt es nichts, was mich je zerstören könnte.
Wir dürfen nicht zulassen, dass übermäßige Reichtum oder unbefriedigtes Begehren zur Bürde wird, die wir bis Ende unseres Lebens mit uns herumschleppen.
Das Glück kommt, wenn wir es loslassen.
Wir alle sind Geizhälse. Wir versuchen, das festzuhalten, was wir haben.
Und was wir nicht haben, wollen wir um jeden Preis kriegen.
Wenn wir etwas tun, das uns Spaß macht, versuchen wir unser Recht darauf zu konservieren. Wie ein Hamster in einem Laufrad wollen wir immer auf dem gleichen Fleck laufen, auch wenn die Welt um uns sich längst schon weitergedreht hat…….
Wir versuchen Dinge, die wir in der Vergangenheit errungen haben, für immer festzuhalten, und verpassen so die Chancen, die uns die Gegenwart bittet.
Wir weigern uns weiterzugehen und ketten uns damit selbst an der Vergangenheit fest.
Wir verlieren Bezug zum Jetzt und werden zu Überbleibseln längst vergangener Zeiten.
Der einzige Weg zum Glück, so lehrt uns die Geschichte vom Ring des Königs, führt über die Erkenntnis, dass der gegenwärtige Zustand schon längst wieder vorüber ist. Kein noch so tiefer Schmerz, keine Aufregung, keine Freude, kein Ärger, kein Rausch und kein Leid der Welt kann ewig dauern. Um glücklich zu werden, müssen wir dies begreifen: Auch das wird vergehen.
Morgen ist ein neuer Tag, um zu leben und zu genießen, um zu erdulden und zu überstehen, um loszulassen und weiterzugehen.
All das, was wir nicht unter Kontrolle halten oder vermeiden wollen, kann uns nicht unglücklich machen.
Was ist also Glück?
Glück ist die Fähigkeit, jeden Tag, jede Phase, jede Stufe des Lebens in dem Bewusstsein zu leben, dass sie nicht für immer uns gehören wird, und das alles genauso ist, wie es sein muss, damit wir wachsen und leben, leben und wachsen können.
Gefunden auf den Seiten von Tania Konnerth